Erste Schritte zum DM: Special Effects

In der letzten Spielrunde habe die Gruppe endlich nach Barovien entführt – das Horror Abenteuer „Curse of Strahd“ das dieses Jahr als Neuauflage erschienen ist.

Ich wusste von Anfang an, dass ich dazu gerne auch etwas in die Trickkiste greifen wollte um die Atmosphäre zusätzlich gruseliger zu machen.

Requisiten

Eine effektive Methode um das Erlebnis näher an die Spieler zu bringen ist es, das Spiel um Requisiten zu bereichern. Absolut keine neue Idee, viele DMs werden sich jetzt denken „Ja sowieso“. Aber ich bin Anfänger und für mich war es daher neu und unglaublich effektiv:

Echte Briefe mit unterschiedlichen Handschriften
Ich habe die Briefe auf Pergamentpapier gedruckt und wenn story-erforderlich gefaltet oder zerknüllt. Ich habe die Briefe mit unterschiedlichen Handschrift-Fonts geschrieben und darauf geachtet, dass jeder Urheber immer den selben Font als seine „Handschrift“ bekommt. Dadurch konnten die Spieler schnell erkennen, ob ein Brief gefälscht oder echt ist und wer der Urheber eines Briefes ist.

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Tarotkarten
Ich habe mir das Tarokka Deck geholt und den Spielern die Karten in einem Kuvert überreicht. Noch viel effektiver wäre es gewesen, die Karten per Post zu verschicken – ich bereue, dass ich das nicht gemacht habe, denn das Feedback war einstimmig: „Mann wäre das cool gewesen!“

Passendes Kartenmaterial
Die Karten von Mike Shley sind großartig und passen perfekt in das Setting. Ich hätte das niemals selbst zeichnen können, also habe ich die Karten von Shley verwendet.

LED Kerzen als Tischrequisiten
Ein netter Gag war auch, ein paar LED Tischkerzen aufzustellen. Sehr stimmungsvoll, und passend zu dem gruseligen Horrorhaus in dem sich die Gruppe gerade befunden hat.

Session 4


Sound

Guter Horror lebt von gutem Sound. Ich gehe jetzt aber nicht auf die Musikstücke ein, da jeder einen anderen Geschmack hat. Als Tipp für eine fast unerschöpfliche Quelle: 90% meiner Musik habe ich von Incompetech (http://www.till-lammer.com/?p=46).

Mir geht es in diesem Beitrag um die effektvolle Steuerung von Musik.

Syrinscape ist ein großartiges Tool, aber für mein Empfinden sind die Musikstücke einfach nicht gruselig genug. Dennoch hat Syrinscape etwas, was viele Standardplayer nicht haben: Crossfading. Für eine gute atmosphärische Soundkulisse dürfen die Spieler auf keinen Fall sofort merken, dass sich der Mood gerade geändert hat. Nichts ist der Stimmung abträglicher, als wenn der DM plötzlich anfängt am Lautstärkenregler herum zu fuhrwerken, oder der laufende Track einfach plötzlich durch einen anderen ersetzt wird.

„Ohh der DM macht was mit der Musik – jetzt passiert gleich was!“

Da ich die Musik von meinem Android Tablet aus steuere, habe ich schließlich Poweramp verwendet. Poweramp erlaubt ein Crossfading von 15 Sekunden, was bedeutet, dass ich einen Track wechseln kann BEVOR die Stimmung sich ändert und die Spieler daher meine volle Aufmerksamkeit haben wenn der neue Track zu greifen beginnt.

Crossfading bedeutet auch, dass in den nächsten 15 Sekunden der eine Track gaaaanz laaangsaaam in den anderen überfadet. Schleichend verändert sich die Kulisse.

Ich glaube sogar, dass das meinen Spielern gar nicht aufgefallen ist – was in diesem Fall sogar PERFEKT ist, weil es ja genau darum geht…das sie eben nicht merken, dass sich plötzlich etwas geändert hat.

Ebenfalls sehr effektiv (wenn auch in diesem Fall niemand den Hinweis verstanden hat) ist der Einsatz von bestimmten Themen.

Für die Szene, wo die Spieler auf die Kinder Rose und seinen Bruder Thorn treffen habe ich bewusst auf einen aufwändigen Soundtrack verzichtet und eine reine Klavierversion von Nick Caves „The Wild Rose“ gespielt. Die Spieler wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass die Kinder in Wahrheit Geister sind, aber die Musik hätte einem guten Zuhörer eventuell einen Hinweis gegeben.

Hier das großartige Original:

Hier die Klavier-Version die ich verwendet habe:

Dieses Thema hätte für jemanden, der das Lied kennt eventuell als Hinweis auf die Geister dienen können, war aber in jedemfall sehr stimmungsvoll, weil es gut zu dem aristokratischen Haus gepasst hat.


Der finale Clou – das Licht

Der andere Grund, warum ich nicht so viel an Soundreglern herum spielen wollte ist, weil ich diesemal einen anderen ganz besonderen Regler im Augen haben wollte:

Die Playbulb von Mipow

Bei diesem kleinen Wunderding handelt es sich um eine LED Glühbirne, die sich ganz normal in die Lampenfassung einschrauben lässt, die aber zwei Dinge kann:

  • Man kann das Licht regeln (Helligkeit & Farbe)
  • Man kann über sie Sound abspielen

Und ich kann mit Stolz sagen –  das war ein absoluter Erfolg!

Aber es war hart verdient (Ich bin nicht gerade der geduldigste Mensch und hier war gerade GEDULD der Schlüssel zum Erfolg):

Cool: Ich habe die Glühbirne bereits zwei Tage VOR dem Spiel eingebaut und niemand wusste davon (ausser meine kleine Tochter – die zu meinem großen Stolz dicht gehalten hat!).

Wichtig: Ich habe die Glühbirne die ersten zwei Stunden völlig ignoriert.
Ich wollte dass die Spieler sich daran gewöhnen, dass ich hinter dem DM Screen an meinem Tablet und meinem Handy herum tippe. Sie sollten es als normal betrachten, und völlig vergessen, dass ich da Geräte bediene.

Und das Wichtigste: Ich habe nicht gleich den vollen Effekt abgespielt.
Es ist verlockend, irgendwann mitten im Spiel gleich aufs Ganze zu gehen.
Zack – und plötzlich ist der Raum in rotes Licht getaucht. Aber wir sind alle effektverwöhnt. Hätte ich das gemacht, hätten alle Spieler kurz gestaunt, mir für den Gag gratuliert und das wäre es gewesen.

Stattdessen habe ich fast zwei Stunden gewartet bis der richtige Punkt erreicht war (die Gruppe wurde von einem geisterhaften Nebel eingehüllt) und habe das Licht nur um 20% herunter geregelt. Dazu kommt, dass ich mir durch das Crossfading Zeit kaufen konnte, um genau den richtigen Augenblick abzupassen bei dem die Musik von einer fröhlichen Tavernenmusik in ein bedrohliches „Summen“ übergeht.

a) Tablet: Track wechseln (15 Sekunden Crossfade)
b) iPhone: Regler herunter schieben (langsam und nur 20%)

Die Spieler haben sich verunsichert angesehen, haben zum Fenster hinaus gesehen und haben sich gegenseitig gefragt ob den anderen auch das Licht aufgefallen ist.


War das Absicht, Till?
Nein, was?

Es ist doch gerade dünkler geworden?!
Es dämmert draußen.

Scheiße, das war jetzt echt gruselig!
**ich versuche nicht zu grinsen**


Danach habe ich den Regler die nächste Stunde nicht mehr angfasst und das Licht in Ruhe gelassen. Suspense for the win!

Erst als die Gruppe dann in das Death House hinein gegangen ist habe ich den zweiten Angriff vorgenommen:

Wechsel auf grünes Licht und dazu ein omnipräsentes Lachen aus dem Playbulb Lautsprecher in der Lampe.
Es ist aber genau das eingetreten, was ich befürchtet hatte. Der Effekt-Overkill war so offensichtlich, dass sich niemand gegruselt hat. Die Spieler waren eher erleichtert, dass auch die Lichtspiele zuvor nur „Show“ waren. Ich habe also ein extrem wertvolles Werkzeug offensichtlich gemacht und werde DIESE Spieler wohl nie wieder so überraschen können.

Das zusätzlich eingespielte „Horror-Lachen“ hat zwar noch ein wenig Irritation hervorgerufen, aber eher technischer Natur, weil die Spieler die Quelle nicht lokalisieren konnten und gedacht haben, ich hätte einen Lautsprecher in einem anderen Raum angesteuert.

Ausserdem hat grünes, oder rotes Licht auch den Nachteil, dass man nur sehr schlecht sieht. Es ist extrem anstrengend in einem farbig ausgeleuchteten Raum seine Würfelergebnisse zu lesen.

Rückblickend hätte ich es anders gemacht:

  • Licht auf 20% runter regeln.
  • Eine Pause oder eine Gruppendiskussion abwarten und dann, oder über die nächste Stunden das Licht langsam wieder nach oben regeln.
  • Zu einem anderen Zeitpunkt den Effekt wiederholen, und / oder nur den Sound als „Schocker“ einspielen (ich hatte einen Schrei vorbereitet, aber da waren die Spieler schon vorbereitet und fanden es eher „lustig“).
  • Niemals so weit gehen, dass es offensichtlich wird.

Fazit

In Summe war der Abend ein gigantischer Erfolg. Wir haben fast 11 Stunden am Stück gespielt. Das war zwar eine blöde Idee (warum schreibe ich in einem anderen Beitrag) aber alle haben sich gegruselt und keiner wollte diese Stimmung aufgeben. Da wollten dann doch lieber alle weiter spielen bis einem das Hirn aus den Ohren läuft.

Wer also selbst seine Spieler mal richtig flashen will, dem seien diese Tipps absolut an Herz zu legen!